Doppelsterne

Regulus dominiert ein Mehrfachsternsystem

Ein blauer Kreis simuliert die Ansicht des Regulus-Sternsystems in einem Teleskopokular: Ein sehr enger Doppelstern befindet sich im weiten Abstand von der Hauptkomponente Regulus

Regulus ist die Hauptkomponente eines hierarchisch gegliederten Mehrfachsternsystems. Im weiten Abstand von Regulus (Komponente A) befindet sich ein enges Doppelsternsystem, dessen beide Komponenten (B und C) einander umkreisen, aber als Doppelsystem wiederum mit Regulus gravitativ verbunden ist. (Bild: Uwe Reichert)

 Name:
 Regulus
 andere Bezeichnungen:
 α Leo, 32 Leo, HD 87901, HIP 49669, HR 3982
 Position (J2000.0):
 α = 10h 08m 22,3s, δ = +11° 58′ 02,0″
 scheinbare Helligkeit:
 1,4 mag

Der 79 Lichtjahre von der Erde entfernte Stern Regulus (lateinisch für „kleiner König“) ist ein junger Hauptreihenstern vom Spektraltyp B8 IVn mit etwa der 3,4-fachen Masse der Sonne. Mit einer scheinbaren Helligkeit von 1,4 mag ist er der hellste Stern im Löwen. Er ist deshalb leicht am Himmel zu finden, und weil er die hellste Komponente eines hierarchisch aufgebauten Mehrfachsternsystems ist, lassen sich an ihm die Möglichkeiten und zugleich Grenzen der Doppelsternbeobachtung demonstrieren.

Bereits mit einem Fernglas lässt sich 179 Bogensekunden von Regulus entfernt bei einem Positionswinkel von 304° ein Begleiter (HD 87884) der Helligkeit 8,1 mag erkennen. Nur 2,2 Bogensekunden von diesem Begleiter entfernt befindet sich die dritte Komponente (HD 87884B), die nur 13,2 mag hell ist und nur mit einem größeren Amateurfernrohr auszumachen ist. Der Positionswinkel zwischen der zweiten und der dritten Komponente beträgt 94°. Dieses Paar ist ein schwieriges Beobachtungsobjekt – wegen des geringen Abstands, der geringen Helligkeit der dritten Komponente und dem hellen Glanz der Hauptkomponente Regulus.

Es gibt sogar Hinweise auf eine vierte Komponente. Aus Merkmalen im Spektrum von Regulus schließt eine Forschungsgruppe auf die Anwesenheit eines kompakten Begleiters, der Regulus mit einer Periode von 40,1 Tagen umrundet. Ein solcher Begleiter könnte ein Weißer Zwerg sein. Dieser Befund könnte eine besondere Eigenschaft von Regulus erklären. Denn Regulus rotiert innerhalb von nur 15,9 Stunden einmal um seine Achse. Das ist für einen Stern dieser Größe extrem schnell. Die hohen Fliehkräfte verformen den Stern zu einem Rotationsellipsoid, und er dürfte nah an seiner Stabilitätsgrenze sein – eine noch höhere Rotationsgeschwindigkeit würde den Stern zerreißen. Ein kompakter Begleiter von Regulus könnte in der Vergangenheit Masse und somit Drehimpuls auf die Hauptkomponente übertragen haben, was zu einer Erhöhung der Rotationsgeschwindigkeit geführt hätte.

Eine im Washington Double Star Catalogue (Version vom 17. Juni 2021) eingetragene Komponente D mit der Helligkeit 12,1 mag kann nicht zum Regulus-Mehrfachsystem gehören, wie die Parallaxen- und Eigenbewegungsmessungen des Weltraumteleskops Gaia zeigen.

Gamma Leonis – in der Mähne des Löwen

Der Stern Gamma Leonis (γ Leo) erscheint dem bloßen Auge als Einzelstern der Helligkeit 2 mag, doch ein kleines Teleskop enthüllt seine Doppelsternnatur: Die beiden Komponenten γ1 Leo (2,4 mag) – auch Algieba genannt nach der arabischen Bezeichnung für „Mähne des Löwen“ – und γ2 Leo (3,6 mag) haben aktuell einen scheinbaren Abstand von 4,7 Bogensekunden. Der Positionswinkel beträgt 127°.

Seit Sir William Herschel 1782 die Doppelsternnatur von Gamma Leonis entdeckte, haben sich die beiden Komponenten weiter voneinander entfernt. Die über 200 Jahre von verschiedenen Beobachtern vorgenommenen Messungen erlauben es, die Bahndaten abzuschätzen. Unterstützt durch eigene Beobachtungsreihen errechneten Astronomen der Sternwarte Pulkowo die Umlaufzeit der beiden Sterne zu 550 Jahren. Von der Erde aus gesehen erscheint die Relativbewegung der Komponente γ2 um γ1 Leo als langgestreckte Ellipse, und der Stern  γ2 Leo befindet sich gegenwärtig nahe seines Apastrons, hat also ungefähr seinen fernsten Bahnpunkt erreicht.

Im Jahr 2009 wurde ein Exoplanet entdeckt, der den Stern γ1 Leo in einem Abstand von etwa 1,2 AE und einer Umlaufzeit von 428,5 Tagen umrundet. Es handelt sich um einen Gasriesen von mindestens der 8,8-fachen Jupitermasse. Gemäß der üblichen Notation hat er die Bezeichnung γ1 Leo b erhalten.

 Name:
γ1 Leonis
 γ2 Leonis
 andere Bezeichnungen:
 Algieba, γ1 Leo, 41 Leo A, HD 89484, HR 4057
 γ2 Leo, 41 Leo B, HD 89485, HR 4058
 Position (J2000.0):
 α = 10h 19m 58,4s,
δ = +19° 50′ 29,4″
 α = 10h 19m 58,6s,
δ = +19° 50′ 26,7″
 scheinbare Helligkeit:
 2,4 mag
 3,6 mag
Als langgestreckte Ellipse erscheint die Umlaufbahn des Doppelsterns Gamma Leonis am irdischen Himmel

Beobachtungen aus zwei Jahrhunderten erlaubten es, die relative Umlaufbahn von Gamma-2-Leonis (Komponente B) um Gamma-1-Leonis (Komponente A) zu rekonstruieren. Die Umlaufzeit beträgt etwa 550 Jahre. In der Grafik ist Norden oben und Osten links. (Bild: Uwe Reichert, nach: L.G. Romanenko und A.A. Kiselev, Astronomy Reports 58, 30-38, 2014)