Galaxien

Die Balken-Spiralgalaxie NGC 6744

Die Balken-Spiralgalaxie NGC 6744 hat Ähnlichkeit mit unserem Milchstraßensystem

NGC 6744 ist eine Balken-Spiralgalaxie ähnlich wie unser Milchstraßensystem, deren flache Scheibe wir fast direkt von oben sehen. Sternentstehungsgebiete in den Spiralarmen leuchten rötlich. Rechts oben im Bild ist die kleine Begleitgalaxie NGC 6744A als kleine zigarrenförmige Struktur erkennbar. (Bild: ESO)

Umgebung von NGC 6752 und NGC 6744 im Sternbild Pfau

Die Galaxie NGC 6744 liegt 4° südlich vom Kugelsternhaufen NGC 6752). (Bild: Uwe Reichert)

Weitfeldaufnahme der Galaxie NGC 6744

Weitfeldaufnahme der Galaxie NGC 6744, die aus jeweils einer Aufnahme im Blauen, Roten und Infraroten zusammengesetzt ist. (Bild: ESO/Digitized Sky Survey 2)

NGC 6744 ist eine Balken-Spiralgalaxie im Sternbild Pfau (Pavo), auf deren Scheibenebene wir ungehindert blicken können. Ihr heller Zentralbereich befindet sich in einem kurzen Balken aus alten, gelblich leuchtenden Sternen, an dem weit ausladende Spiralarme ansetzen. In diesen fallen auf fotografischen Aufnahmen zahlreiche Sternentstehungsgebiete auf, die an dem rötlichen Leuchten von Wasserstoffgas erkennbar sind.

Ein Zwilling unserer Galaxis am Südhimmel

Mit diesem visuellen Erscheinungsbild ähnelt NGC 6744 sehr stark unserem eigenen Milchstraßensystem, dessen Aufbau wir nur indirekt erschließen können. Es gibt sogar eine kleine Begleitgalaxie, die als Analogon zu einer der Magellanschen Wolken fungiert. Diese Zwerggalaxie, NGC 6744A, steht offenbar unter dem Einfluss des starken Gravitationsfeldes der Muttergalaxie und zeigt auf Fotos eine zigarrenförmige Struktur. Über eine Sternenbrücke scheint sie mit einem der Spiralarme verbunden zu sein.

Mit einer Entfernung von etwa 30 Millionen Lichtjahren und einer scheinbaren Helligkeit von 8,3 mag ist NGC 6744 der nächste und hellste Zwilling unserer Galaxis am Südhimmel. Ihr Durchmesser ist jedoch mit rund 180.000 Lichtjahren größer als derjenige unseres Milchstraßensystems.

Zentrales Schwarzes Loch

Ebenso wie unsere Galaxis enthält auch NGC 6744 in ihrem Zentrum ein massereiches Schwarzes Loch, das nur wenig aktiv ist. Aus Beobachtungsdaten ergibt sich folgendes Bild:

Die Kernregion der Galaxie NGC 6744 zeigt Emissionslinien geringen Ionisationsgrades, was in der astronomischen Fachsprache als LINER (low-ionization nuclear emission-line region) bezeichnet wird. Eine solche Emission ist generell entweder auf die Photoionisation von Gas durch die Strahlung eines aktiven galaktischen Kerns (AGN) zurückzuführen oder auf Stoßwellen, die zum Beispiel durch Supernovae ausgelöst wurden und das Gas ionisieren. Letztere Möglichkeit ließ sich für NGC 6744 ausschließen. Genauere Untersuchungen ergaben, dass die Emissionen aus vier räumlich getrennten Regionen stammen, deren Ionisationsgrad unterschiedlich ist. Eine dieser Regionen ließ sich als zentraler AGN identifizieren, dessen Strahlung die drei anderen Regionen ionisiert. Das „Kraftwerk“ des AGN ist eine Akkretionsscheibe um ein zentrales Schwarzes Loch, dessen Masse die Autoren der Studie auf sechs Millionen Sonnenmassen schätzen.

Hinweise auf Galaxienverschmelzung

Beobachtungen weisen zudem darauf hin, dass es in der Entwicklung von NGC 6744 nur zwei signifikante Phasen der Sternentstehung gegeben hat: eine vor rund zehn Milliarden Jahren, während der Entstehung der Galaxie, und eine zweite vor rund einer Milliarde Jahren. Die Eigenschaften dieser beiden Sternpopulationen lassen sich durch die Annahme eines Verschmelzungsereignisses, eines so genannten Mergers, erklären. Demnach hätte sich die Vorläufergalaxie von NGC 6744 vor einer Milliarde Jahren eine kleinere Galaxie einverleibt und aus deren Gasvorrat in relativ kurzer Zeit neue Sterne entstehen lassen.

Quellen:

  • Patrícia da Silva, J.E. Steiner und R.B. Menezes: NGC 6744: A Nearby Milky Way Twin with a Very Low-luminosity AGN. In: The Astrophysical Journal 861:83. DOI: 10.3847/1538-4357/aac6e3
  • Miranda Yew et al.: A Multi-Frequency Study of the Milky Way-Like Spiral Galaxy NGC 6744. In: Publications of the Astronomical Society of Australia 35, e015 (2018). DOI: 10.1017/pasa.2018.9
 Name:
 NGC 6744
 NGC 6744A
 andere Bezeichnungen:
 ESO 104-42, Caldwell 101
 ESO 104-38,
 Objekttyp:
 Spiralgalaxie SAB(r)bc
 Zwerggalaxie IB(s)m
 Sternbild:
 Pfau
 Pfau
 Position (J2000.0):
 α = 19h 09m 46,1s, δ = −63° 51′ 26,9″
 α = 19h 08m 43,7s, δ = −63° 43′ 50″
 scheinbare Helligkeit:
 8,3 mag
 15 mag
 Winkeldurchmesser:
 20′ × 12,9′
 1,6′ × 0,6′
 Entfernung:
 ca. 9,2 Mpc = 30 Millionen Lj
ca. 9,2 Mpc = 30 Millionen Lj

Wissenschaftlich wurde die Galaxie NGC 6744 erstaunlich selten untersucht. Für Amateurastronomen hingegen ist diese Balken-Spiralgalaxie ein beliebtes Beobachtungsobjekt. Gelungene Aufnahmen stammen z.B. von Martin Pugh, Bernard Miller, Stefan Binnewies, Rainer Sparenberg und Volker Robering sowie Mario Weigand.