Sternbild Schwan (Cygnus)

Der Schwan (lateinisch Cygnus) ist eines der markanteren Sternbilder des Nordhimmels. Von Mitteleuropa aus ist er den gesamten Sommer über am nächtlichen Firmament zu sehen. Deneb (α Cygni), der hellste Stern im Schwan, bildet zusammen mit Wega (α Lyrae) und Altair (α Aquilae) das sogenannte Sommerdreieck, das in der abendlichen Dämmerung sehr früh sichtbar wird und früher den Seeleuten als Navigationshilfe diente.

Die hellsten Sterne des Schwans bilden ein auffälliges Kreuz am Himmel, sodass das Sternbild gelegentlich auch “Nördliches Kreuz” genannt wird. In der Interpretation als Schwan stellen der aus den Sternen ε, γ und δ Cygni gebildete Querbalken des Kreuzes die Flügel, Deneb (nach dem arabischen Wort für “Schwanz”) die Schwanzfedern und die Sternenreihe von γ über η, χ und φ zu β Cygni den langen Hals des Schwans dar.

Das Sternbild liegt in einem sehr markanten Bereich der nördlichen Milchstraße, der von zahlreichen Gas- und Staubwolken durchzogen ist. Diese interstellare Materie macht sich in vielfältiger Form bemerkbar, zum Beispiel als rötlich leuchtende Emissionsnebel oder als Dunkelwolken, die das Licht dahinter stehender Sterne absorbieren. Diese Strukturierung sorgt für eine große Zahl von lohnenden Beobachtungsobjekten im Sternbild Schwan.

Links zeigt eine mit Koordinaten versehene Karte eines Himmelsausschnitts weiße Sterne auf hellblauem Hintergrund. Die Fläche, die das Sternbild Schwan einnimmt, ist dunkelblau hervorgehoben. Eine Tabelle rechts gibt wichtige Daten des Sternbilds Schwan an.
Die hellsten Sterne des Sternbilds Schwan formen ein Kreuz, dessen Längsbalken inmitten der Milchstraße liegt.

Die hellsten Sterne des Sternbilds Schwan formen ein Kreuz, dessen Längsbalken inmitten des Milchstraßenbandes liegt. (Bilder: Uwe Reichert)

(Bewege den Mauszeiger über das obere Bild, um die figürliche Darstellung des Sternbilds einzublenden. Klicke auf eines der unteren Bilder, um es zu vergrößern.) 

Besondere Himmelsobjekte

Veränderliche Sterne

Der Mirastern Chi Cygni

Der Veränderliche Chi Cygni liegt im "Hals des Schwans" zwischen den Sternen Eta und Beta Cygni inmitten eines dichten Sternenfelds der Milchstraße

Der Veränderliche Chi Cygni liegt 2,5° südöstlich des Sterns Eta Cygni inmitten eines dichten Sternfelds der Milchstraße. Nur in zeitlicher Nähe zu einem Helligkeitsmaximum fällt er in dem Sternengewirr auf. (Bild: Uwe Reichert)

Die aus zahlreichen Einzelbeobachtungen erstellte Lichtkurve zeigt die extremen Helligkeitsschwankungen des Mirasterns Chi Cygni

Lichtkurve des Mira-Veränderlichen Chi Cygni (Χ Cyg). Die scheinbare Helligkeit des pulsierenden Sterns schwankt mit einer Periode von 408 Tagen um etwa zehn Magnituden. Während des Maximums ist Chi Cygni mit typischen Helligkeiten zwischen 4 und 5 mag mit freien Augen sichtbar. Im Extremfall kann seine Helligkeit sogar auf 3,3 mag steigen. Während des Minimums sinkt die Helligkeit regelmäßig unter 12 mag und kann sogar auf einen Minimalwert von 14,2 mag fallen. Jeder Messpunkt in dieser Lichtkurve entspricht einer visuellen Helligkeitsschätzung eines Amateurastronomen. (Bild: AAVSO)

 Name:
 Chi Cygni
 andere Bezeichnungen:
Χ Cyg, HD 187796, HIP 97629, HR 7564
 Objekttyp:
 Pulsationsveränderlicher vom Mira-Typ
 Sternbild:
 Cygnus
 Position (J2000.0):
 α = 19h 50m 33,9s, δ = +32° 54′ 50,6″
 scheinbare Helligkeit:
 3,3 – 14,2 mag
Periode:
408,05 Tage
 Spektralklasse:
S6-9/1-2e
 Entfernung:
 160 pc = 520 Lj

Chi Cygni (Χ Cyg) ist ein langperiodischer Pulsationsveränderlicher des Mira-Typs. Wir finden ihn im südwestlichen Bereich des Sternbilds Schwan, etwa 2,5° südwestlich von Eta Cygni (η Cyg) inmitten des Milchstraßenbandes.

Dieser rote Riesenstern ist nach neuesten Messungen des Satelliten Gaia 520 Lichtjahre von uns entfernt; seine scheinbare Helligkeit variiert mit einer Periode von im Mittel 408 Tagen zwischen einem Maximalwert von 3,3 mag und einem Minimalwert von 14,2 mag. Dieser Lichtwechsel über eine Spannbreite von fast elf Magnituden hinweg bedeutet, dass der Stern während seines hellsten Maximums 25 000 Mal heller leuchtet als während seines tiefsten Minimums. Damit zeigt Chi Cygni von allen Mira-Sternen die größten Schwankungen seiner Helligkeit. Entdeckt wurde er übrigens als zweiter Vertreter dieses Veränderlichentyps, und zwar  im Jahr 1686 von Gottfried Kirch. Den Protoyp dieser Pulsationsveränderlichen, Mira im Sternbild Cetus, hatte David Fabricius neunzig Jahre zuvor entdeckt.

Wie bei Mira-Sternen üblich, schwanken die Extremwerte der Helligkeit zwischen benachbarten Zyklen. Zumeist erreicht Chi Cygni eine Maximumshelligkeit zwischen 4 und 5 mag. Dann ist dieser Veränderliche über einen Zeitraum von knapp drei Monaten freiäugig  am Himmel sichtbar, und er sticht mit seiner roten Farbe vor dem Milchstraßenhintergrund heraus. In den Phasen nahe dem Minimum ist Chi Cygni nur mit größeren Amateurteleskopen (ab etwa 30 cm Öffnung) zu sehen. Dann ist es auch schwierig, ihn zu identifizieren, denn er scheint sich im Gewimmel aus ähnlich hellen Sternen der Milchstraße zu verstecken.

Seine letzten Helligkeitsmaxima erreichte Chi Cygni Ende Januar 2020 mit etwa 5,1 mag und Mitte März 2021 mit etwa 4,5 mag (siehe nebenstehende Lichtkurve). Wer selbst den Anstieg der Lichtkurve mit einem Fernglas verfolgen möchte, beginnt mit den Beobachtungen etwa zwei Monate vor dem erwarteten nächsten Maximum. Steht ein Teleskop zur Verfügung, das auch 11 mag helle Sterne erkennen lässt, kann man bereits drei Monate zuvor das entsprechende Sternfeld überwachen. Seine nächsten Helligkeitsmaxima wird der Stern Ende April 2022 und im Juni 2023 erreichen.

Eine Lichtkurve sowie eine Umgebungskarte mit den Helligkeiten von Vergleichssternen für die eigene Beobachtung lässt sich auf der Website der American Association of Variable Star Observers (AAVSO) erstellen und herunterladen. Auch die Bundesdeutsche Arbeitsgemeinschaft für Veränderliche Sterne (BAV) bietet nützliche Informationen an.

Eine Karte zeigt die Umgebung des  veränderlichen Sterns Chi Cygni mit schwarzem Sternen auf weißem Hintergrund. Die Helligkeiten einiger Vergleichssterne sind in Einheiten von Zehntel Magnituden markiert.

Umgebungskarten dieser Art lassen sich auf der Website der AAVSO für Chi Cygni und andere veränderliche Sterne erstellen. In einer Eingabemaske wählt man unter anderem den Sternnamen, die Größe des gewünschten Himmelsausschnitts und die Grenzgröße der Sterne aus. In der hier gezeigten Karte ist Norden oben und Osten links; die Orientierung lässt sich auch für die Beobachtung am spiegelverkehrt abbildenden astronomischen Fernrohr einstellen. Die Helligkeiten von geeigneten Vergleichssternen sind in den Karten in Einheiten von Zehntel Magnituden angegeben. So bedeutet z.B. die „75“ eine visuelle Helligkeit von 7,5 mag. Dieser hellste Stern auf der Karte ist HD 187503; das Gesichtsfeld der Karte beträgt 1°. Die Notation in Zehntel Magnituden wird gewählt, um eine Verwechslung des Dezimalpunkts mit einem Stern zu vermeiden. (Bild: AAVSO)

P Cygni – ein Leuchtkräftiger Blauer Veränderlicher

Der Veränderliche P Cygni liegt zwischen dem Sternhaufen M29 und dem Sichelnebel NGC6888

Der Veränderliche P Cygni liegt 2,3° südöstlich des Sterns Gamma Cygni, zwischen dem offenen Sternhaufen M 29 und dem als Sichelnebel bekannten Emissionsnebel NGC 6888. Die mit einem Quadrat markierte Umgebung von P Cygni ist in der Karte unten vergrößert dargestellt. Die Kantenlänge des Quadrats beträgt 1°. (Bild: Uwe Reichert)

Eine Karte zeigt die Umgebung des veränderlichen Sterns P Cygni mit schwarzen Sternen auf weißem Hintergrund.

Umgebungskarte für den Leuchtkräftigen Blauen Veränderlichen P Cygni, dessen Position in der Bildmitte mit einem Fadenkreuz gekennzeichnet ist. Das Gesichtsfeld der Karte beträgt 1°. Hellster Stern im Bild rechts oberhalb von P Cygni ist HD 193183 (HIP 100009) mit einer scheinbaren Helligkeit von 7,0 mag. In der Karte ist Norden oben und Osten links. (Bild: AAVSO)

 Name:
 P Cygni
 andere Bezeichnungen:
 34 Cyg, HD 193237, HIP 100044, HR 7763
 Objekttyp:
 Leuchtkräftiger Blauer Veränderlicher
 Sternbild:
 Cygnus
 Position (J2000.0):
 α = 20h 17m 47,2s, δ = +38° 01′ 58,6″
 scheinbare Helligkeit:
∼4,8 mag (3-6 mag)
Periode:
 Spektralklasse:
 B1-2Ia-0ep
 Entfernung:
 1600 pc = 5200 Lj
 Masse:
 37 Sonnenmassen
 Radius:
 76 Sonnenradien
 Oberflächentemperatur:
 18 700 Kelvin
 Leuchtkraft:
 610 000 Sonnenleuchtkräfte

P Cygni ist einer der merkwürdigsten Sterne am Himmel. Er ist ein Hyperriese und zählt zu der seltenen Klasse der Leuchtkräftigen Blauen Veränderlichen (LBV), die nach einem bekannten Vertreter in der Großen Magellanschen Wolke auch S-Doradus-Sterne genannt werden. LBV-Sterne haben die größte Masse, die ein hydrostatisch stabiler Stern haben kann, und sie strahlen während einer kurzen Phase ihrer Entwicklung, die nur wenige zehntausend Jahre anhält, millionenfach heller als unsere Sonne. Dabei verlieren sie beständig Masse durch einen heftigen Sternwind und pulsieren in mehreren Moden gleichzeitig. Deshalb ändert sich ihre Helligkeit in unvorhersagbarer Weise. Diese Zuckungen sind Vorboten einer Instabilität, und LBV-Sterne können sich zu Wolf-Rayet-Sternen weiterentwickeln oder als Supernovae explodieren.

Bisher sind nur wenige Sterne bekannt, die zur Klasse der Leuchtkräftigen Blauen Veränderlichen gehören. Neben P Cygni und dem bereits erwähnten S Doradus sind dies zum Beispiel Eta Carinae im Sternbild Kiel des Schiffes, der sogenannte Pistolenstern und das Doppelsternsystem LBV 1806-20 im Sternbild Schütze. Auch bei Deneb (Alpha Cygni), dem hellsten Stern im Schwan, wurde diskutiert, ob er ein LBV-Stern ist. Letztlich hängt die genaue Definition davon ab, bei welcher Sternmasse und welcher Art von Variabilität man die Grenze zwischen verschiedenen Klassen zieht. Seit 1985 zählt Deneb als Prototyp der Alpha-Cygni-Sterne.

Ein neuer Stern mit ungewöhnlichem Verhalten

P Cygni war bis zum Ende des 16. Jahrhunderts völlig unbekannt. Der niederländische Kartograf und Globenhersteller Willem Janszoon Blaeu (1571 – 1638), der bei Tycho Brahe Astronomie gelernt hatte, entdeckte den Stern am 18. August 1600 als Objekt dritter Magnitude. Sechs Jahre lang blieb diese Helligkeit recht konstant. Die Astronomen jener Zeit stuften das Objekt als „neuen Stern“, als Nova ein. Bis dahin war der Stern erst der dritte bekannte Veränderliche am Fixsternhimmel – nach Tychos Supernova des Jahres 1574 und dem Stern Mira (Omikron Ceti), den David Fabricius (1564 – 1617) im Jahr 1596 entdeckt hatte. Entsprechend sorgte das außergewöhnliche „neue“ Objekt für Aufsehen. Diese Besonderheit mag auch der Grund gewesen sein, weshalb Johann Bayer (1572 – 1625) in seinem 1603 erschienenen Himmelsatlas, der Uranometria, dem Stern die Bezeichnung P Cygni gab, die außerhalb seiner regulären Nomenklatur steht.

Die Lichtkurve von P Cygni verlief weder typisch für Novae noch für andere Veränderliche. Nach einer ersten Maximumphase nahm die Helligkeit von P Cygni wieder ab, bis der Stern ab 1626 nicht mehr mit bloßen Augen zu sehen war. Im Jahre 1654 stieg die Helligkeit erneut auf die 3. Magnitude an, verharrte dort bis 1659, fing dann zu schwanken an und sank ab 1683 langsam ab, bis sie hundert Jahre später einen Wert von 5,2 mag erreicht hatte. Ab Ende des 19. Jahrhunderts schließlich stieg die Helligkeit langsam auf den heutigen Wert von 4,8 mag an.

Namensgeber der P-Cygni-Profile

Was sich hinter diesem seltsamen Verhalten verbirgt, erschloss sich erst mit den modernen Verfahren der Astrophysik – und ist bis heute Gegenstand intensiver Forschungen. Bereits die ersten Spektren – 1897 von Antonia C. Maury und Edward C. Pickering aufgenommen – zeigten ein auffälliges Merkmal, das heute als P-Cygni-Profil bezeichnet wird: Den breiten Emissionslinien im Spektrum schließt sich jeweils an deren kurzwelliger Seite eine blauverschobene schmalere Absorptionslinie an. Ursprünglich interpretierten Astronomen ein solches Profil als Überlagerung zweier verschiedener Spektrallinien. Erst ab 1930 wurde verstanden, dass das P-Cygni-Profil auf ein- und dieselbe Spektrallinie zurückzuführen ist, die sowohl in Emission als auch in Absorption auftritt. Ursache ist ein starker Sternwind, also Gas, das mit hoher Geschwindigkeit vom Stern wegströmt (siehe Infokasten).

Solche starken Sternwinde sind Kennzeichen sehr massereicher Sterne, die sich in späteren Phasen ihrer Entwicklung zu enormen Riesen aufgebläht haben. In ihnen läuft die Fusion von Atomkernen nicht mehr im Zentralbereich, sondern schalenförmig in weiter außen gelegenen Hüllen ab. Wegen der enormen Ausdehnung des Sterns und der daraus folgenden geringen Dichte und Schwerkraft in seinen äußeren Zonen verliert der Stern einen nennenswerten Anteil seiner ursprünglichen Masse. Diese Entwicklungsstadien gehören zu den noch am wenigsten verstandenen Phasen in der Entwicklung sehr massereicher Sterne. Die Leuchtkräftigen Blauen Veränderlichen sind hier wichtige Bindeglieder, um die Evolution von massereichen, heißen Sternen des Spektraltyps O hin zu Wolf-Rayet-Sternen und zu Kernkollaps-Supernovae besser zu verstehen.

Quellen:

Kurz erklärt: Wie ein P-Cygni-Profil entsteht

Sterne, von deren Oberfläche Gas mit hoher Geschwindigkeit wegströmt, entweder als Sternwind oder als expandierende Hülle, zeigen ein auffälliges Merkmal in ihren Spektren: Zusätzlich zur kontinuierlichen Strahlung, die von der Sternoberfläche ausgeht, treten Spektrallinien sowohl in Emission als auch in Absorption auf, wobei jeweils die Absorptionslinie gegenüber der Emissionslinie zu kürzeren Wellenlängen (also zum blauen Ende des Spektrums hin) verschoben ist. Diese Blauverschiebung ist auf Gas zurückzuführen, das sich vom Stern genau auf der Sichtlinie zum irdischen Beobachter hin bewegt. Der Betrag der Blauverschiebung ist dabei ein Maß für die Strömungsgeschwindigkeit des Sternwinds beziehungsweise die Expansionsgeschwindigkeit der Gashülle.

Nach dem Stern P Cygni, bei dem diese Besonderheit erstmals beobachtet wurde, ist dieses spektrale Profil benannt. Das P-Cygni-Profil mit seiner typischen Doppelstruktur aus breiter Emissionslinie und schmaler Absorptionslinie entsteht im wegströmenden Gas. Atome in der expandierenden Hülle werden von der Strahlung des heißen Sterns zum Leuchten angeregt. Da sich dieses Gas in alle Richtungen bewegt (also zu etwa gleichen Teilen von uns weg, auf uns zu und seitlich zur Sichtlinie), erscheinen die entstehenden Emissionslinien verbreitert, haben aber eine unverschobene Wellenlänge. Derjenige Teil der Hülle, der sich von uns aus gesehen vor der Sternscheibe befindet und sich auf uns zu bewegt, emittiert ebenfalls Linienstrahlung, aber noch viel mehr absorbiert er die kontinuierliche Strahlung von der Sternoberfläche. Insgesamt entsteht also eine Absorptionslinie. Da sich das absorbierende Gas mit hoher Geschwindigkeit auf uns zu bewegt, ist die Absorptionslinie aufgrund des Dopplereffekts blauverschoben.

(Bild: Uwe Reichert, nach: G. Israelian und M. de Groot, Space Science Reviews 90,  493-522 (1999))

Ein P-Cygni-Profil im Spektrum besteht aus einer unverschobenen breiten Emissionslinie und einer zu kleineren Wellenlängen verschobenen schmaleren Absorptionslinie

Sternhaufen

Der offene Sternhaufen M 29

Der offene Sternhaufen Messier 29 (kurz: M 29) liegt 1,8° südöstlich des Sterns Gamma Cygni (γ Cyg) inmitten des Sternbilds Schwan. Mit einer scheinbaren Helligkeit von 6,6 mag ist er leicht mit einem Fernglas aufzufinden. Allerdings erscheint er wegen der geringen Ausdehnung von etwa 7′ und der geringen Anzahl von Mitgliedern nur als kleiner Nebelfleck. Bei visueller Beobachtung mit einem Teleskop hat man den Eindruck, eine verkleinerte Ausgabe der Plejaden anzusehen: Sieben Sterne mit Helligkeiten zwischen 8,6 und 10,2 mag scheinen die berühmte Konfiguration des Siebengestirns im Sternbild Stier nachzuzeichnen.

Der Eindruck täuscht jedoch: Nicht alle der sieben Sterne, die in ihrer Verteilung den Plejaden ähneln, sind Mitglieder des Sternhaufens. Zwei der hellsten Sterne dieser Konfiguration gehören nicht zu M 29: Die Sterne HD 194378 (8,65 mag) und HD 229238 (8,94 mag) stehen mit einer Entfernung von 840 beziehungsweise 4500 Lichtjahren näher an der Erde, sind also Vordergrundsterne. Der Sternhaufen selbst ist rund 5900 Lichtjahre von uns entfernt.

In welcher Distanz der Sternhaufen zu uns liegt und wie viele Mitglieder er enthält, war in der Vergangenheit nicht einfach zu bestimmen. Grund ist seine Lage in einem sehr sternreichen Gebiet der Milchstraße, das zudem von zahlreichen Gas- und Staubwolken durchzogen ist. Deshalb sind in der Literatur die unterschiedlichsten Angaben zu finden. Lange Zeit stützten sich die Analysen nur auf fotometrische und spektrale Informationen, die aber durch Messungenauigkeiten und durch die Extinktion des Sternlichts beim Durchlaufen der interstellaren Materie beeinträchtigt waren. Erst detailliertere Untersuchungen und vor allem die aktuellen Messungen des Astrometrie-Weltraumteleskops Gaia erlaubten genauere Aussagen. Eine qualitative Analyse anhand der Parallaxen- und Eigenbewegungsdaten des Gaia-EDR3-Katalogs im Gaia-Archiv durch den Autor dieser Zeilen ergab, dass sich in einem Feld von 10′ Radius um das Haufenzentrum nur etwa die Hälfte der Sterne mit Helligkeiten heller als 15 mag als Mitglieder des Sternhaufens M 29 zuordnen lassen.

Fotos des offenen Sternhaufens M 29 finden sich auf den Webseiten von vielen Amateurastronomen, zum Beispiel bei Gerd Waloszek, Carlos Alsina Carrera, James Schrader und Steve Crouch.

Ein interaktives Foto von M 29 bietet der Aladin Sky Atlas des CDS, Strasbourg Observatory, Frankreich.

 Name:
 Messier 29
 andere Bezeichnungen:
 M 29, NGC 6913
 Objekttyp:
 offener Sternhaufen
 Sternbild:
 Schwan
 Position (J2000.0):
 α = 20h 23m 56s, δ = +38° 31′ 24″
 scheinbare Helligkeit:
 6,6 mag
 Winkeldurchmesser:
 7′
 Entfernung:
 1800 pc = 5900 Lj
 Alter:
 5 Millionen Jahre

 

Rund ein Dutzend Sterne bilden den offenen Sternhaufen Messier 29; ihre Verteilung erinnert an die hellen Sterne der Plejaden
Die sieben hellsten Sterne im Bereich des offenen Sternhaufens M 29 erinnern wegen ihrer Verteilung an eine verkleinerte Ausgabe der Plejaden. Doch zwei dieser Sterne sind nicht Mitglieder dieses Sternhaufens, sondern stehen näher an der Erde. Das Bild entstand mit einem 32-Zoll-Spiegelteleskop des Mount Lemmon SkyCenter der University of Arizona. (Bild: Adam Block/Mount Lemmon SkyCenter/University of Arizona)
Der offene Sternhaufen M29 liegt knapp 2° südöstlich des Sterns Gamma Cygni
Der offene Sternhaufen M 29 liegt knapp 2° südöstlich des Sterns Gamma Cygni inmitten des Sternbilds Schwan. Er ist bereits mit einem Fernglas sichtbar, erscheint darin aber nur als kleiner Nebelfleck. (Bild: Uwe Reichert)

Der offene Sternhaufen M 39

Messier 39 (kurz: M 39) ist ein ideales Beobachtungsobjekt für einen Feldstecher oder ein Opernglas: Mit einer Ausdehnung von 32′ erscheint er so groß wie der Vollmond am Himmel. Auf dieser Fläche tummeln sich etwa 30 Sterne, die meisten mit Helligkeiten zwischen 6,5 und 9 mag. Sie leuchten in einem bläulich-weißen Licht, weil sie den Spektralklassen B9 bis A2 angehören. Solche Sterne gehören der Hauptreihe an, beziehen ihre Energie also wie die Sonne aus der Fusion von Wasserstoff. Doch sie haben eine größere Masse als unsere Sonne, leuchten viel heller und verbrauchen deshalb ihren Brennstoffvorrat deutlich schneller.

Wir finden M 39 im nordöstlichen Bereich des Sternbilds Schwan. Am besten geht man von Deneb (α Cyg) aus zunächst 9° nach Osten zu Rho Cygni (ρ Cyg), einem Stern 4. Magnitude, und schwenkt dann das Fernglas 3° nach Norden zu M 39. Auch π2 Cygni eignet sich als Aufsuchhilfe: Auf etwa einem Viertel der Wegstrecke von diesem Stern zu Deneb liegt M 39.

Eine höhere Vergrößerung mit einem Teleskop hilft bei diesem Objekt übrigens nicht. Zum einen erfasst das Gesichtsfeld dann nur einen kleinen Ausschnitt des Sternhaufens. Zum anderen verlieren sich die lichtschwächeren Mitglieder dieses Sternhaufens in dem Sternenreichtum der Milchstraße, was den Eindruck einer Sternansammlung zunichte macht.

Zufälligerweise ist die Sicht auf M 39 nur wenig durch dazwischen liegende interstellare Materie getrübt, die ansonsten im Sternbild Schwan überall reichlich anzutreffen ist. Deshalb können wir ungehindert den rund 1000 Lichtjahre von uns entfernten Sternhaufen beobachten. Auf Fotografien, die neben M 39 auch das weitere Umfeld mit abbilden, ergibt sich ein ästhetischer Kontrast zwischen dem hellen Sternhaufen, dem Sternenreichtum der Milchstraße und den zahlreich darin eingebetteten Dunkelwolken aus Staub und Gas, die wie Löcher im Firmament anmuten.

Fotos des offenen Sternhaufens M 39, die diese Ästhetik vermitteln, finden sich auf den Webseiten von vielen Astrofotografen, zum Beispiel bei Stefan Kranz, Thomas Henne und Bärbel und Bernd Dörfeldt.

 

 Name:
 Messier 39
 andere Bezeichnungen:
 M 39, NGC 7092
 Objekttyp:
 offener Sternhaufen
 Sternbild:
 Schwan
 Position (J2000.0):
 α = 21h 31m 48s, δ = +48° 26′ 00″
 scheinbare Helligkeit:
 4,6 mag
 Winkeldurchmesser:
 32′
 Entfernung:
 300 pc = 980 Lj
 Alter:
 250 Millionen Jahre

 

Der offene Sternhaufen M39 liegt im nordöstlichen Bereich des Sternbilds Schwan (Cygnus) im Band der Milchstraße
Der offene Sternhaufen M 39 liegt nordöstlich des Sterns Deneb (α Cygni) in Richtung der Sternbilder Lacerta (Eidechse) und Cepheus. (Bild: Uwe Reichert)
Bläulich-weiß leuchten die hellsten Sterne des offenen Sternhaufens M39
Der offene Sternhaufen M 39 im Schwan hat am Himmel die gleiche Ausdehnung wie der Vollmond. Seine hellsten Sterne lassen sich bereits mit einem Opernglas erkennen, was M 39 zu einem leichten Beobachtungsobjekt macht. Eine interaktive Version dieses Bildes bietet der Aladin Sky Atlas des CDS, Strasbourg Observatory, Frankreich. (Bild: Digitized Sky Survey – STScI/NASA, Colored & Healpixed by CDS​)

Ursprung des Sternbilds Schwan

Der Schwan gehört zu den 48 Sternbildern, die uns aus der Antike überliefert wurden. Im vorderasiatischen Raum sah man in der Sternkonfiguration seit je einen Vogel, der die Milchstraße entlangfliegt. Entsprechend bezeichnet Ptolemäus in seinem Almagest das Sternbild als ὄρνις, Vogel.

Für die spätere Gleichsetzung des Vogels mit einem Schwan gibt es in der griechischen Mythologie zwei Erklärungen. Nach der einen soll es sich um Zeus höchstselbst handeln, der mehrfach in Gestalt eines Schwans Frauen mit seiner Lüsternheit verfolgte.

Eine andere Erzählung bezieht sich auf die Phaeton-Sage. Als Phaeton mit dem Wagen seines Vaters, des Sonnengottes Helios, am Himmel Amok fuhr und mit dem glühenden Tagesgestirn an Bord einen schrecklichen Weltbrand auslöste, wurde er von Zeus mit einem Blitz getötet. Kyknos, König der Ligurer, war über den Verlust seines Freundes Phaeton so betrübt, dass er tagelang an den Ufern des Eridanus herumwanderte, in den Phaeton gestürzt war, bis er sich schließlich auf göttliche Veranlassung in einen Schwan (lat. cycnus) verwandelte. Als Cygnus soll er anschließend an den Himmel versetzt worden sein.

Flügel eines Schwans oder Furt über den Himmelsfluss?

Der Schwan ist eines der wenigen modernen Sternbilder, die sich relativ leicht mit einer der traditionellen chinesischen Sternkonstellationen in Verbindung bringen lassen. Hierzu greifen wir auf die Liniendarstellung des Sternbilds Schwan zurück, das wir auf unserer Website verwenden. Für diese Art der Darstellung gibt es keine internationale Norm, sondern sie soll nur als Stütze für das Wiedererkennen des Sternbilds am Himmel fungieren. Die Flügel des Schwans sind in unserer Darstellung als Linie gezeichnet, die quer zu Körper und Hals des Schwans liegt (in anderer Sichtweise als Querbalken des „Nördlichen Kreuzes“). Schaut man sich in einer dunklen Nacht das Sternbild Schwan genauer an, lassen sich die Flügel zwanglos als flächige Struktur wahrnehmen, die von einigen der hellsten Sterne des Schwans gebildet wird.

Diese Struktur, bestehend aus den Sternen α, ο1, δ, γ, ε, ζ, υ, τ und ν Cygni, ist identisch mit dem chinesischen Sternbild Tiānjīn (天津), was sich als „Himmelsfurt“ übersetzen lässt. Diese himmlische Furt quert das silbrige Band der Milchstraße, das den Himmel wie ein breiter Strom durchschneidet, sodass die Wesen der fernöstlichen Sagenwelt von dessen westlicher auf die östliche Seite gelangen konnten.

In der chinesischen Mythologie lautete der Name für die Milchstraße Tiānhé (天河), Himmelsfluss. Diesen Namen wählte die Internationale Astronomische Union IAU für den Landeplatz der chinesischen Mondsonde Chang’e 4, die im Januar 2019 erfolgreich im Von-Kármán-Krater auf der Rückseite des Mondes aufsetzte. Ein 3,9 km großer Krater in der Nähe der Landestelle Statio Tianhe heißt nun Tianjin, nach der mythologischen Himmelsfurt. Zwei weitere Krater wurden ebenfalls nach Figuren der chinesischen Mythologie benannt und stehen in Verbindung mit den Sternbildern Leier und Adler.

Quellen:
Sternbild-Löwe

In den Sternen, die im IAU-Sternbild Cygnus die Flügel eines fliegenden Schwans symbolisieren, sahen die alten Chinesen eine himmlische Furt, die den silbernen Fluss der Milchstraße quert. (Bilder: Uwe Reichert)

(Bewege den Mauszeiger über das Bild, um zwischen den figürlichen Darstellungen des Sternbilds zu wechseln.)

Eine in Stein gravierte Karte der chinesischen Sternbilder zeigt die gabelung der Milchstraße im Sternbild Schwan.

Eine im Jahr 1247 in Stein geschnittene Sternkarte aus Suzhou in der Provinz Jiangsu enthält eine planisphärische Darstellung der chinesischen Sternbilder aus dem 12. Jahrhundert. Der hier dargestellte Ausschnitt zeigt den Bereich der modernen Sternbilder Cygnus und Lyra. Die Flügel des Schwans stellten in der chinesischen Astronomie eine himmlische Furt dar, die das umrissartig gezeichnete Band der Milchstraße quert. (Bild: Beijing Ancient Observatory/Suzhou Museum)