Sternbild Kepheus (Cepheus)

Der Kepheus (lateinisch Cepheus) ist ein großes Sternbild am Nordhimmel. Es ist von der gesamten nördlichen Hemisphäre aus zu sehen und für alle Orte nördlich des 37. Breitengrads zirkumpolar. In den Monaten August bis November steht es besonders hoch am Abendhimmel, denn es durchläuft Ende September/Anfang Oktober seine obere Kulmination um Mitternacht. Seine nördlichen Ausläufer reichen bis an den Polarstern im Sternbild Kleiner Bär heran und umschließen ihn zur Hälfte.

Wie das etwa gleich große angrenzende Sternbild Kassiopeia enthält auch der Kepheus 48 Sterne, die heller als 5,5 mag sind. Er ist jedoch weniger auffällig. Hellster Stern ist Alpha Cephei (α Cep) mit einer scheinbaren visuellen Helligkeit von 2,46 mag. Zusammen mit einigen Sternen der 3. Helligkeitsklasse gruppiert er sich zu einer Figur, die einem windschiefen Haus mit einem spitzen Dach ähnelt. Die Griechen der Antike sahen in dieser Sternenkonstellation den mythischen König Kepheus, der über die Perseus-Sage mit den Sternbildern Kassiopeia, Andromeda, Perseus und Walfisch verbunden ist. Der aus dem Arabischen entlehnte Eigenname Alderamin („der rechte Arm“) für Alpha Cephei erinnert heute noch daran.

Durch den südlichen Teil des Sternbilds ziehen sich Randbezirke der Milchstraße, deshalb finden sich dort einige offene Sternhaufen sowie H-II-Regionen, die im typischen roten Licht des ionisierten Wasserstoffs leuchten. Auch einige Sterne sind bemerkenswert, weil sie verschiedenen Klassen von Veränderlichen ihren Namen gegeben haben.

Links zeigt eine mit Koordinaten versehene  Karte eines Himmelsausschnitts weiße Sterne auf hellblauem Hintergrund. Die Fläche, die das Sternbild Kepheus einnimmt, ist dunkelblau hervorgehoben. Eine Tabelle rechts gibt wichtige Daten des Sternbilds Kepheus an.
Sternbild-Löwe

Im südlichen Teil des Sternbilds Kepheus zieht sich das Band der Milchstraße entlang. (Bilder: Uwe Reichert)

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Besondere Himmelsobjekte

Gut zu wissen!

My und VV Cephei: Die fernsten, mit freiem Auge sichtbaren Sterne

My Cephei

Am nördlichen Rand des Emissionsnebels um den Sternhaufen IC 1396 im Kepheus befindet sich My Cephei (μ Cep), der wegen seiner tiefroten Farbe von dem Astronomen William Herschel (1738–1822) den Beinamen Granatstern erhielt. Mit der rund 200 000-fachen Leuchtkraft der Sonne ist er ein Überriese. Seine scheinbare Helligkeit variiert halbregelmäßig zwischen 3,6 und 5,1 mag. Gemeinsam mit VV Cephei im gleichen Sternbild und VY Canis Majoris im Sternbild Großer Hund gehört er zu den größten Sternen, die man kennt: Der Durchmesser von My Cephei wird auf über 1,5 Milliarden Kilometer geschätzt – mehr als das 1000-Fache des Sonnendurchmessers. Denkt man sich diesen Stern an der Stelle unseres Zentralgestirns, würde seine Oberfläche bis über die Bahn des Planeten Saturn reichen. Die Entfernung von My Cephei ist nicht genau bekannt, dürfte aber um 2000 Lichtjahre betragen. Damit ist My Cephei einer der fernsten Sterne, die man leicht mit freiem Auge am Himmel erkennen kann.

VV Cephei

VV Cephei ist ein Bedeckungsveränderlicher. Die Hauptkomponente, VV Cephei A, ist wie My Cephei ein Überriese mit der rund 200 000-fachen Leuchtkraft und dem 1000-fachen Durchmesser der Sonne.

Überriesen sind sehr weit entwickelte, massereiche Sterne. Ihre Oberflächentemperaturen sind ähnlich wie diejenigen von Hauptreihensternen, die sich noch im Stadium des Wasserstoffbrennens befinden, doch wegen ihres großen Durchmessers haben sie eine extrem hohe Leuchtkraft. Im Hertzsprung-Russell-Diagramm liegen sie deshalb weit oberhalb der Hauptreihensterne. My und VV Cephei haben recht geringe Oberflächentemperaturen von etwa 3500 Kelvin und haben die Spektalklasse M2. Sie leuchten daher beide in einer tiefroten Farbe.

Die beiden Sterne VV Cephei und My Cephei leuchten in einem kräftigen Rot

Die beiden Überriesen My Cephei und VV Cephei gehören zu den leuchtkräftigsten und größten Sternen. Sie leuchten beide in einer tiefroten Farbe. (Bild: Uwe Reichert)

Veränderliche Sterne

Delta Cephei: Prototyp für einen kosmischen Zollstock

Der Stern Delta Cephei (δ Cep) hat einer ganzen Klasse von veränderlichen Sternen den Namen gegeben. Delta-Cephei-Sterne sind Riesensterne, die durch Pulsieren der äußeren Schichten ihre Zustandsgrößen wie Temperatur, Radius und Leuchtkraft ändern. Das Aufblähen und anschließende Zusammenziehen erfolgt dabei sehr regelmäßig. Delta Cephei selbst variiert seine Helligkeit mit einer regelmäßigen Periode von 5,366341 Tagen um etwa 0,9 mag. Die Lichtkurve ist dabei nicht symmetrisch: Der Helligkeitsanstieg vom Minimum (4,37 mag) zum Maximum (3,48 mag) dauert etwa 1,5 Tage, während die Helligkeitsabnahme vier Tage währt.
 
Delta-Cephei-Sterne (meist einfach nur Cepheiden genannt) haben für die Astronomie eine große Bedeutung. Denn die Periode des Helligkeitswechsels ist nicht nur streng regelmäßig, sie ist auch direkt mit der Leuchtkraft des Sterns verknüpft: Je länger die Periode, desto größer die Leuchtkraft. Sind die Entfernungen von einigen sonnennahen Cepheiden genau bekannt, lässt sich allein durch Messung der Helligkeit die Leuchtkraft und somit auch die Entfernung von viel weiter weg gelegenen Cepheiden bestimmen. Da Cepheiden als Riesensterne eine sehr hohe Leuchtkraft haben, sind sie über weite Distanzen zu sehen. Selbst in anderen Galaxien lassen sich einzelne Cepheiden beobachten, so dass mit ihrer Hilfe auf die Entfernung des gesamten Sternsystems geschlossen werden kann. DIe Perioden-Leuchtkraft-Beziehung hat sich als eines der stärksten Mittel erwiesen, um Entfernungen im Kosmos zu bestimmen.
Helligkeit und Radius von Delta Cephei variieren regelmäßig

Lichtkurve und Pulsationsverhalten von Delta Cephei: Die Helligkeit des Pulsationsveränderlichen schwankt in regelmäßigem Rhythmus mit einer Periode von 5,3663 Tagen. Zugleich, aber etwas phasenverschoben, variieren auch die Temperatur, der Spektraltyp (die Farbe) und der Radius des Sterns. Die größte Ausdehnung wird während des Helligkeitsabfalls erreicht. Die Radiusänderungen sind hier überhöht dargestellt; sie können bei Pulsationsveränderlichen bis zu 30 Prozent betragen. (Bild: Uwe Reichert)

Sternhaufen

Der offene Sternhaufen IC 1396

Der offene Sternhaufen IC 1396 im Kepheus enthält etwa 50 Sterne, die gemeinsam eine scheinbare Helligkeit von 3,5 mag erreichen. Auf Fotografien wird ersichtlich, dass er in einen roten, nahezu kreisförmigen Emissionsnebel eingebettet ist. Diese H-II-Region leuchtet im Licht des ionisierten Wasserstoffs. Ihr Durchmesser beträgt mit ungefähr 150′ das Fünffache des Vollmonddurchmessers. Die Entfernung des Sternhaufens zur Erde beträgt knapp 3000 Lichtjahre.

Die H-II-Region, die ebenfalls als IC 1396 bekannt ist, weist interessante Strukturen wie Dunkel- und Molekülwolken auf, in denen heute noch weitere Sterne entstehen. Die bekannteste Struktur ist der Elefantenrüsselnebel IC 1396A, der im folgenden Abschnitt „Nebel“ beschrieben ist.

 Name:
 IC 1396
 andere Bezeichnungen:
 Collinder 439, Trumpler 37
 Objekttyp:
 offener Sternhaufen
 Sternbild:
 Kepheus
 Position (J2000.0):
 α = 21h 39m 00s, δ = +57° 29′ 24″
 scheinbare Helligkeit:
 3,5 mag
 Winkeldurchmesser:
 170′ × 140′
 Entfernung:
 900 pc = 3000 Lj
 Alter:
 3–7 Millionen Jahre
Die beiden Sterne VV Cephei und My Cephei leuchten in einem kräftigen Rot

Der offene Sternhaufen IC 1396 ist in einen roten Wasserstoff-Emissionsnebel eingebettet, an dessen Rand der Granatstern My Cephei (μ Cep) leuchtet. (Bild: Uwe Reichert)

Nebel

Die H-II-Region IC 1396 mit dem Elefantenrüsselnebel

IC 1396 ist nicht nur die Katalogbezeichnung für einen offenen Sternhaufen im Sternbild Kepheus, sondern auch diejenige für einen ausgedehnten Emissionsnebel, in den der Sternhaufen eingebettet ist. Dieser Emissionsnebel, eine sogenannte H-II-Region, hat eine Ausdehnung von rund 3° am Himmel, was fast der 40-fachen Fläche des Vollmonds entspricht. Allerdings ist der im roten Licht der H-Alpha-Linie leuchtende Nebel nur auf fotografischen Aufnahmen in dieser Ausdehnung zu erkennen.

Zum Leuchten angeregt wird der Nebel durch die UV-Strahlung einiger junger Sterne, die sich erst vor wenigen Millionen Jahren aus verdichteten Gaswolken innerhalb des Nebels gebildet haben. Dominante Quelle dieser UV-Strahlung ist der Doppelstern HD 206267, der aus zwei heißen Hauptreihensternen der Spektralklasse O6,5V und O9:V besteht und der mit zwei weiteren Komponenten des Spektraltyps B1 das Vierfachsternsystem ADS 15184 bildet. Im Visuellen sehen wir dieses Sternsystem mit einer scheinbaren Helligkeit von 5,6 mag.

Der Elefantenrüssel

Innerhalb der H-II-Region befinden sich rund ein Dutzend dichtere Wolkenteile mit gut abgrenzbaren hellen Rändern. Sie heben sich insbesondere im infraroten Bereich des Spektrums gut hervor. Es handelt sich um kompakte Molekülwolken, in denen Sterne entstehen. Die auffälligste dieser Strukturen trägt die Katalogbezeichnung IC 1396A und wird aufgrund ihres Aussehens im Sichtbaren umgangssprachlich als Elefantenrüsselnebel bezeichnet.

Der rund 20 Lichtjahre lange Elefantenrüsselnebel und andere Wolkenteile in IC 1396 sind die Geburtsstätten neuer Sterne. In ihrem kühlen Innern sind Protosterne verborgen, während die intensive UV-Strahlung des Sterns HD 202267 die Materie an ihrem Rand ionisiert. Ein Wechselspiel zwischen Sternwinden und dieser UV-Strahlung sorgt dafür, dass die Gas- und Staubwolken um die Protosterne sich nach und nach auflösen und die jungen Sterne sichtbar werden.

Das Infrarot-Weltraumteleskop Spitzer konnte die entstehenden Sterne im Innern des Elefantenrüssels nachweisen und fand sogar Indizien für die Bildung von Planetensystemen.

 Name:
 IC 1396
 andere Bezeichnungen:
 Sh2-131
 Objekttyp:
 H-II-Region
 Sternbild:
 Kepheus
 Position (J2000.0):
 α = 21h 38m 57,6s, δ = +57° 29′ 20″
 Winkeldurchmesser:
 360′
 Entfernung:
 800 pc = 2600 Lj
Im sichtbaren Licht erscheint der Emissionsnebel IC1396 als runde, rötlich leuchtende und von dunkleren Strukturen durchzogene Wolke

Der rötlich erscheinende Emissionsnebel IC 1396 wird durch den heißen Doppelstern HD 206267 (in der Bildmitte) zum Leuchten angeregt. Am nördlichen Rand des Emissionsnebels befindet sich der Stern My Cephei, der wegen seiner auffälligen Färbung Granatstern genannt wird. Die Kantenlänge des Bildfelds beträgt 4°, das Achtfache des scheinbaren Vollmonddurchmessers. Eine interaktive Version dieses Bildes findet sich im Aladin Sky Atlas des CDS, Strasbourg Observatory, Frankreich. (Bild: Digitized Sky Survey – STScI/NASA, Colored & Healpixed by CDS​)

In dunklen, rüsselartigen Strukturen mit hellem Saum im rötlich leuchtenden Emissionsnebel IC1396 entstehen neue Sterne

Der Elefantenrüsselnebel mit der Katalogbezeichnung IC 1396A ist eine rund 20 Lichtjahre lange Unterstruktur im Emissionsnebel IC 1396. Noch teilweise verborgen in kühlen, kompakten Wolken aus Gas und Staub entstehen neue Sterne. Das Bild wurde mit einem 10-cm-Refraktor mit einer Brennweite von 640 mm aufgenommen und in vier Farbkanälen insgesamt 150 min belichtet: In R, G, B jeweils 20 min, in H-Alpha 90 min. (Bild: Reiner Guse)

Ursprung des Sternbilds Kepheus

Kepheus ist eines der 48 aus der Antike überlieferten Sternbilder. Die von römischen und griechischen Schriftstellern überlieferte Perseus-Sage verbindet die Konstellationen Kepheus, Kassiopeia, Andromeda, Perseus und Walfisch miteinander.

Der Mythologie zufolge war Kepheus König von Äthiopien. Sein Reich lag aber nicht in dem heutigen Land dieses Namens, sondern eher  an der Ostküste des Mittelmeeres. Er war einer der Söhne des Ägypterkönigs Belos und damit einer der zahlreichen Nachfahren von Zeus. Seine Gemahlin Kassiopeia war offenbar ebenso schön wie eitel. Als sie eines Tages prahlte, sie sei noch schöner als die Nereiden, die meerbewohnenden Töchter des greisen Gottes Nereus, zog sie deren Zorn auf sich. Die Nereiden wandten sich an den Meeresgott Poseidon, der mit einer von ihnen, Amphitrite, vermählt war, und baten ihn, Kassiopeia für ihren Hochmut zu bestrafen.

Poseidon sandte daraufhin ein schreckliches Seeungeheuer, das die Küsten von Kepheus’ Reich verwüstete (nach anderen, weniger ausschmückenden Überlieferungen handelte es sich um eine Springflut). Einem Orakelspruch zufolge konnte das Untier – das heute als Sternbild Walfisch ebenfalls am Himmel verewigt ist – nur besänftigt werden, wenn ihm Andromeda, die einzige Tochter von Kepheus und Kassiopeia, geopfert würde. So kam es, dass das junge Mädchen für die vermessenen Reden seiner Mutter büßen sollte und am Gestade des Landes mit den Armen an einen Felsen geschmiedet wurde.

Perseus rettet die Königstochter

In dieser misslichen Situation wurde Andromeda von Perseus entdeckt, der von ihrem Liebreiz sofort sehr angetan war. Perseus – ein Sohn des Zeus und der Danae – hatte gerade am Ende der Welt mit göttlicher Unterstützung Medusa, eine der drei Gorgonen, getötet und ihr schlangenumringeltes Haupt erbeutet, bei dessen Anblick alles Lebende sofort zu Stein erstarrte. Mit Flügelschuhen ausgerüstet flog der Held nun wieder seiner Heimat entgegen, als er von hoch oben Andromedas zarte Gestalt gewahrte. Nur ihr wehendes Haar und die heißen Tränen, die ihren Augen entströmten, so erzählt der römische Dichter Ovid in seinen „Metamorphosen“, ließen Perseus erkennen, dass sie ein menschliches Wesen und keine Marmorstatue war. Er landete, erfragte den Grund ihrer Pein und versprach, sie zu retten. Rasch forderte er von Kepheus und Kassiopeia, die am Ufer stehend das Schicksal ihrer Tochter beweinten, zum Lohn das Versprechen ein, das Mädchen zur Frau nehmen zu dürfen.

Als das Ungeheuer sich näherte, erhob sich Perseus wieder in die Lüfte, verwirrte es mit seinem Schatten, der auf die Oberfläche des Wassers fiel, stürzte sich wie ein Greifvogel von hinten auf die Bestie herab und stieß mit seinem Schwert zu. Nach kurzem Kampf hatte er das Monster besiegt, Kepheus’ Reich gerettet und Andromeda zur Frau gewonnen.

König Cepheus als Sternbild nach Hevelius

König Cepheus in der Darstellung von Johannes Hevelius (1611-1687). Hevelius stellte die Sternbilder in seinem Atlas spiegelverkehrt dar – so, als würde man die Himmelskugel von außen betrachten. (Aus: Johannes Hevelius, Sternenatlas, russische Ausgabe, Taschkent 1978)